Der 15. Juni 1976 verändert für Robin Conrad alles. Sie lebt wohlbehütet mit ihren Eltern, ihrer imaginären Zwillingsschwester Cat und der Maid Mabel in Witpack, einem ausschließlich von Weißen bewohnten Vorort von Boksburg, in der Nähe von Johannesburg. Sie ist noch nicht mal 10 Jahre alt, als sie ihre Eltern Jolene und Keith bei Rassenunruhen in Johannesburg verliert. Mabel wird verhaftet und Robin kommt zu ihrer Tante Edith, einer Flugbegleiterin, die allerdings mit der neuen Aufgabe und der Trauer um ihre Schwester nicht klar kommt.
„Summ, wenn du das Lied nicht kennst“ ist ein wunderbares Debüt von Bianca Marais, das lange nachwirkt
Die 49-jährige Beauty Mbali verlässt ihre Heimat die Transkei, lässt ihre Söhne Luxolo, 15, und Khwei, 13, zurück und reist auf einer beschwerlichen Strecke nach Soweto, wo ihre Tochter Nomsa bei Beautys Bruder lebt und dort zur Schule geht. Nach einer Demonstration gegen die Einführung von Afrikaans als Unterrichtssprache ist Nomsa, die die Demo mit anführte, verschwunden.
Auf Umwegen kommt Beauty in den Haushalt von Edith und so lernen sich Robin und Beauty ganz langsam kennen.
Selten hat mich ein Debüt so fesseln und berühren können, wie dieses Erstlingswerk von Bianca Marais. Zum einen weiß die Autorin wovon sie schreibt, da sie selbst als Weiße in Südafrika aufgewachsen ist. Zum anderen kann sich die fiktive Geschichte aber genau so in dem von Apartheit gebeutelten Land abgespielt haben. Ich finde es z.B. so schlimm, wenn sich eine schwarze Frau im Krankenhaus fragt, ob der Eid, den die weißen Ärzte geschworen haben, stärker ist als ihre Vorurteile Schwarzen gegenüber.
Robin und Beauty erzählen ihre Geschichten
Robin und Beauty erzählen ihre Geschichten aus ihrer Sicht in der Ich-Form. Dadurch fühle ich mich ihnen noch näher und bin auch in ihren Gedanken immer bei ihnen. Es ist für mich sehr interessant, verschiedene Situationen aus der Sicht beider Protagonistinnen zu erleben, die dann doch recht unterschiedlich sind. Es ist wunderschön zu lesen, wie sich die Beiden ganz langsam immer näher kommen und eine liebevolle Innigkeit entsteht.
Obwohl die Geschichte viele tragische und auch grausame Momente beinhaltet, schafft es die Autorin, den Schreib- und Erzählstil immer gleichbleibend leicht, unterhaltend und angenehm zu lesen zu halten. Immer wieder dringt trotz der teilweisen Beklemmung eine Prise Humor mit ein. Bianca Marais fängt das Leben von Robin und Beauty mit all seinen unterschiedlichen Facetten sehr gut ein. Die beschriebenen Eindrücke von Demütigung und Hass, aber auch von Hoffnung, Mut und Freundschaft werden mich bestrimmt noch eine Weile verfolgen.
Dass immer mal wieder Wort, ganze Sätze oder Redewendungen in der typisch afrikanischen Landessprache einfließen, gefällt mir sehr gut. Erläutert werden sie im anhängenden Glossar, das aber für das Verständnis selbst nicht norwendig gewesen wäre.
„Summ, wenn Du das Lied nicht kennst“ ist soviel mehr als ein Roman über Apartheit. Er vermittelt die Trauer, die Zerrissenheit, die Missstände, aber auch die Hoffnung und den Mut Vieler hier einiges zu ändern in einer Leseform, die mich stark beeindruckt hat.
Bianca Marais Summ, wenn Du das Lied nicht kennst Random House, München ISBN 9783336547944 |
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Rezension von
© Gaby Hochrainer, München 2018
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