1953 ist Juri Zipit zwölfeinhalb Jahre alt, hat aber in seinem Leben schon viel mitgemacht, was ihn auch geprägt hat. Er wurde vor sechs Jahren von einem Milchlaster angefahren und anschließend von einer Straßenbahn überfahren. Er hat einen, wie er es beschreibt, beschädigten Körper und geschädigten Verstand, aber eine starke ungebrochene Seele. Vor allem sagt er immer, was er gerade denkt. Er wird immer anders sein. Aber gerade diese Andersartigkeit, der Ausdruck, der auf seinem Gesicht liegt, macht ihn zu etwas ganz Besonderem. Die Menschen lieben ihn und dieses Gesicht und vertrauen ihm ihre geheimsten Gedanken an. Obwohl sie dies oft nicht wollen. Und Juri hat gelernt, damit umzugehen.
„Es gibt Schlimmeres im Leben“
Zusammen mit seinem Vater Doktor Roman Alexandrowitsch Zipit, einem weltberühmten, allseits respektierten Veterinärarzt lebt er in einer Personalwohnung des Zoos in Moskau gegenüber dem Elefantengehege. Als sein Vater eines Tages zu einer geheimen Behandlung eines geheimen Kranken abgeholt wird und Juri mitnimmt, gerät der Junge als Stalins Vorkoster bald mitten hinein in die Machtkämpfe und politischen Intrigen auf Stalins Datscha.
Christopher Wilson lässt Juri in seiner altersmäßig einfachen, kindlich naiven und langsamen Sprache erzählen. Sich selbst beschreibt Juri sehr intensiv und richtet auch immer mal wieder das Wort an uns, den Leser. „Das was ich erzähle, ist alles wahr. Absolut, komplett, total wahr. Bis auf ein paar Kleinigkeite, die ich ändern musste. Aber nur, was Zeiten, Orte, Namen und Ereignisse angeht.“ Kennt man die Geschehnisse um Stalins letzte Wochen herum, so kann man diese Änderungen aber schnell zuordnen.
Obwohl immer wieder auch von Greuel und Schrecklichem erzählt wird – durch die Erzählung von Juri nimmt es an Schrecken ab und wirkt wie leicht daher erzählt. Diese Leichtigkeit durchzieht die ganze Geschichte. Trotzdem empfand ich es beim Lesen schon hier und da als schwere Kost, eingewickelt in einen Mantel aus Humor, Satire und Tragik, die nachwirkt und genügend Spielraum für eigene Gedanken lässt.
Ich habe hier und da schmunzeln müssen, einige Male auch laut gelacht, an anderen Stellen nicht glauben wollen, was dort steht. Aber durch die vielen Dialoge, die sich manchmal über Seiten hinziehen, war ich auch mal etwas gelangweilt.
Ein tolles Buch voller Tragik, Satire und Humor, aber auch mit einem tiefen Ernst. Ich habe es sehr gerne gelesen und von mir bekommt das Buch 4,5 Sterne bekommt.
Christopher Wilson Guten Morgen, Genosse Elefant Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln ISBN 9783462050769 |
---|
Rezension von
© Gaby Hochrainer, München 2018
Was es sonst noch gibt: Bücher, die gefallen
Noch mehr?
In diesem Artikel sind Partner-Links (Affiliate) enthalten. Durch einen Klick darauf gelangt ihr direkt zum Anbieter. Solltet ihr euch dort für einen Kauf entscheiden, erhalten wir eine kleine Provision. Für euch ändert sich am Preis nichts. Danke für eure Unterstützung!
Ein Teil der rezensierten Produkte wurde von den Verlagen dankenswerter Weise kostenlos zur Verfügung gestellt.