„Das Leben ist schön“
Bei diesem Satz ganz am Ende der Geschichte „Befreit“ sind ein paar Tränen geflossen. Warum? Das findet ihr beim Lesen des Buches ganz schnell selbst heraus.
Und bevor ich mit dem Lesen begonnen habe, habe ich mir den 16-seitgem Bildteil in der Mitte des Buches angeschaut, mit persönlichen Bildern der Familie Erlemann um einen kleinen Einblick in ihr Leben zu bekommen.
Aber von vorn:
Ich kann mich noch gut an die Berichterstattung im Jahr 1981 erinnern und fand es schrecklich, mir vorzustellen, was der damals gerade mal 11-jährige Johannes da alles durchmachen musste. Auch seine Freilassung ging durch alle Zeitungen.
Ich habe das Buch „Befreit“ von Johannes Erlemann über sein Leben vor, während und nach der Entführung richtig genossen. Ich lerne seine Eltern Jochem und Gabi und auch seinen Bruder Andreas kennen. Johannes oder „Schnucki“, wie ihn sein Vater liebevoll nennt, wird in eine sehr privilegierte Familie hinein geboren. Ich beneide ihn um diese Kindheit im Luxus und finde es toll, dass er dadurch trotzdem recht bodenständig und manchmal ein kleines Schlitzohr geblieben ist.
Schmunzeln musste ich bei seinem Bericht über eine Gartenparty in Saint Tropez, die durch einen von ihm, seinem Bruder und seinen beiden Cousins verursachten „Sommerregen“ gecrasht wurde. Durch eine Diagnose, die das Leben seines Bruders rundherum ändert und auf den Kopf gestellt hat, wird auch er erst mal ins Bodenlose gestoßen. Es war so schön zu lesen, dass sich sein Bruder doch ganz langsam erholt und ein zwar anderes, aber trotzdem gutes Leben führen konnte. Ich beobachte den finanziellen Aufstieg seines Vaters sowohl in Deutschland als auch in den USA. Als auch den Zusammenbruch seines Imperiums kurz vor der Entführung und seine Inhaftierung wegen Verdachts auf Steuerhinterziehung.
Im Entführungsfall habe ich den kleinen Johannes immer wieder bewundert bzw. auch seiner Mutter in Gedanken gedankt, die das aus ihm gemacht hat, was er damals war: ein kleiner Junge, der sich durch nichts erschüttern ließ. Ich finde es so toll, dass er sich nie hat verunsichern lassen, dass er immer gewusst hat, dass seine Eltern, besonders seine Mutter, ihn nie im Stich lassen würden. Und es kommt in diesem Buch auch sehr gut rüber, wie viel Kraft er für sich selbst aus diesem Wissen schöpfen konnte.
Wie schlimm muss es für diesen kleinen Kerl gewesen sein, zwei Wochen lang in einer Kiste den Mut und die Zuversicht frei zu kommen nie zu verlieren. Nach Zahlung der höchsten Lösegeldsumme, die jemals in Deutschland für eine Kindesentführung bezahlt wurde, kommt er endlich frei und kämpft sich alleine nachhause durch. Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr ich den kleinen Mann für sein Tun, seine Zuversicht und sein Durchhaltevermögen in der ganzen Zeit bewundere.
Umgang mit dem kleinen Kerl nach seiner Freilassung
Mich hat es erschüttert, wie mit dem kleinen Kerl nach seiner Freilassung umgegangen wurde. Durch die Polizei und auch durch die Medien, die ihm keine Ruhe, keine Zeit zum durchatmen gelassen haben. Unvorstellbar, was er auch da alles durchgestanden hat.
Nach 40 Jahren entschließt sich Johannes Erlemann dann seine verlorene Kindheit und den größten Entführungsfall in Deutschland in einem Film, einer Dokumentation und einem Buch aufzuarbeiten. Ich finde es so ermutigend, wenn er erzählt, warum er heute sein Leben mit allen Höhen und Tiefen gegen nichts eintauschen würde.
Die Dokumentation und den Film zur Entführung habe ich im vergangenen Jahr leider verpasst, werde sie mir aber auf alle Fälle noch anschauen. Das Buch habe ich mit Begeisterung und Bewunderung gelesen.
Eine fesselnde Geschichte, die Hoffnung gibt und Mut im Umgang mit schweren Krisen machen kann. Ich habe diese Zeitreise und das Bild auf unsere damalige Gesellschaft sehr genossen.
Johannes Erlemann
Befreit
Penguin
ISBN 9783328603221
Rezension von
© Gaby Hochrainer, München 2024
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