Die vergessenen Kinder

„Die vergessenen Kinder“ von Emily Gunnis

Dieses Buch „Die vergessenen Kinder“ von Emily Gunnis ist so viel mehr als nur ein Roman.

1975: Police Constable Joanna Hamilton wird zu einem häuslichen Streit gerufen bei dem zwei kleine Mädchen zuschauen müssen. Da dieser zu eskalieren droht, wartet Jo nicht auf die angeforderte Verstärkung sondern greift selbst ein. Dabei entsteht ein Wohnungsbrand, Vater und Mutter kommen darin um und die beiden Mädchen Holly und Daisy Moore kommen ins Waisenhaus Morgate. Eine Verwahranstalt in der schrecklichste Zustände herrschen, von denen allerdings nichts nach außen dringt. Daisy hat das große Glück bald eine Familie zu finden, die sie aufnimmt. Und Holly ist eines Tages spurlos verschwunden.

Ein erschreckendes Familiengeheimnis – „Die vergessenen Kinder“

2015: Superintendent Joanne Hamilton, die bei der Sussex Police Karriere gemacht hat, hat nur noch 5 Tage bis zu ihrer Pensionierung. Die Bilder des Hausbrandes von vor 40 Jahren haben sie nie losgelassen. Da wird sie zum Fund einer Frauenleiche gerufen und ist sich schnell sicher, dass es sich hier um Holly Moore handelt. Nun setzt sie alles daran ihren Mörder zu finden.

Dieses Buch ist so viel mehr als nur ein Roman. Für mich ist es ein ausgemachter Krimi, den ich regelrecht verschlungen habe. Auch wenn die Spannung nicht immer auf einem Höchstpunkt steht. Das ist erst ganz zum Schluss, kurz vor der endgültigen Auflösung, der Fall.

Autorin Emily Gunnis erzählt in „Die vergessenen Kinder“ eigentlich fünf Geschichten auf vier verschiedenen Zeitebenen gleichzeitig, die aber alle zusammen gehören und auch zusammen finden.

fünf Geschichten auf vier verschiedenen Zeitebenen

Da erzählen die Waisenkinder Holly, Daisy und Gemma, die das gleiche Schicksal erleidet, wie Holly, ihre Geschichten, die nicht immer leicht auszuhalten sind. Ich begleite Jos Mutter Olive zu einem Arbeitseinsatz 1944 nach Bletchley Park. Hier begegne ich auch Geoff und Lorna Price wieder, die später das Waisenhaus Morgate House leiten. Und ich begleite Jo und Daisy, die heute als Altenpflegerin arbeitet, wie sie unabhängig von einander das Schicksal von Holly klären wollen.

Ich habe es genossen mitzubekommen, wie sich alle losen Fäden aus den verschiedenen Geschichten langsam annähern und schließlich ein nachvollziehbares Ganzes ergeben. Vor allem mit einer Sache, die hier eine große Rolle spielt und in die auch Jo ansatzweise verstrickt ist, hätte ich absolut nicht gerechnet. Dass es ein Geheimnis in Jos Familie geben könnte, hatte ich eigentlich recht schnell begriffen. Aber ich hatte vieles erwartet – diese Auflösung ganz bestimmt nicht.

Ich fand es toll in die Lebensgeschichten der verschiedenen Personen eintauchen zu können und sie ein Stück auf ihrem nicht immer leichten Lebensweg begleiten zu können. Es hat mich immer wieder erschreckt, wie lieblos und kalt Menschen reagieren können, die doch für andere da sein sollten. Und ich habe mich gefreut, dass gerade Daisy ihren Weg im Leben gefunden hat. Jo hat mich in ihrer Rolle als Superintendent der Sussex Police nicht ganz überzeugt. Muss man sich heute als Frau in einem von Männer dominierten Beruf immer noch so klein halten und unterdrücken lassen? Aber gut, das hat meine Meinung über die Gesamtgeschichte nicht beeinflusst. Die finde ich insgesamt einfach absolut lesenswert.

Ein Familiendrama, das mich ab der ersten Seite gefesselt, gepackt, manchmal entsetzt, aber auch begeistert und vor allem nicht mehr losgelassen hat. Emily Gunnis hat mich mit ihrer Geschichte bestens unterhalten.

Emily Gunnis
Die vergessenen Kinder
Heyne Verlag, München
ISBN 9783453274969

Rezension von
© Gaby Hochrainer, München 2024
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