»Fehlstart« von Marion Messina

In ihrem Debütroman »Fehlstart« blickt Marion Messina auf das Leben und Scheitern einer jungen Frau in Paris. Die krisengeschüttelte Gegenwart trifft auf die jungen Menschen der heutigen Generation, die davon ausgehen, dass ihnen nichts als Erfolg zusteht und dafür keine Leistungen erbracht werden müssen.

Der Schmerz, der sie quälte, war tief, sie war unbefriedigt von dem Leben, das sie erwartete, in Grenoble wie in Paris. Sie musste ihren Platz finden.

Marion Messina in der Übersetzung von Claudia Steinitz

Paris: Zwischen Job, Wohnungshorror und Liebesabenteuern

Nachdem ihre erste Liebe scheitert, entscheidet sich die neunzehnjährige Aurélie dazu, von Grenoble nach Paris zu ziehen. Ihr Ziel ist es dort, endlich das Leben in vollen Zügen zu genießen und sich von den bescheidenen Arbeiterleben ihrer Eltern zu lösen, indem sie Jura studiert.

Doch in Paris landet sie nur einen Job in einer Zeitarbeitsfirma mit dem modernen Touch einer Vermittlungsagentur. Erst jeden Morgen um 6 Uhr erfahrt sie, in welchem Unternehmen sie an diesem Tag als Empfangsdame tätig sein wird, der Wohnungsmarkt entpuppt sich als völliges Chaos und die Liebe scheint zwischen oberflächlichen Arrangements und Pornographie zu schwanken.

Aber Aurélie beschließt, alles noch einmal von vorne zu beginnen.

Die Wahrheit über das Leben in Paris: Fehlstart

Wir lernen eine Person kennen, die nach dem Selbst sucht. Diese Person stammt nicht aus privilegierten Verhältnissen, ihre Eltern vermitteln eher den Eindruck von Kleinbürgern. Sie ist sich bewusst, dass sie aus solchen Verhältnissen stammt und erwartet, dass ihr auf ihrem Weg ins Erwachsenwerden alles leicht gemacht wird. Trotz ihrer Analyse der Eltern und des Wissens um ihre Schwierigkeiten bei der Kindererziehung ist sie unzufrieden mit ihnen. Als Ergebnis dieser Unzufriedenheit bricht sie ihr Studium ab, nimmt Teilzeitjobs an und ist letztendlich unzufrieden. Auch der erste Freund, den sie in Grenoble gefunden hat, sollte laut ihrer Ansicht der Mann fürs Leben sein. Aber er hat sie nur als vorübergehende Station genutzt, was ihr nicht in den Sinn kommt.

Letztendlich erkennt sie, dass sie in vielerlei Hinsicht einem typischen jungen Menschen in unserer heutigen Gesellschaft gleicht – unwissend, unerfahren und nur oberflächlich gebildet, obwohl ihr alle Möglichkeiten zur Bildung offenstehen. Ihr fehlt es an Toleranz und sie neigt dazu, andere herabzuwürdigen.

Ihre Generation war auf Instabilität und Veränderung geeicht, auf sexuelle Lust als folgenloses Vergnügen mit unbegrenztem Potenzial überall auf der Welt. Fast alle ernährten sich mit schlechten und faden Lebensmitteln und bewegten sich in einem kaum noch existenten kulturellen und künstlerischen Universum, für sie war Sex der letzte echte Genuss. Das Leben in der Stadt und die endlos lange in den Transportmitteln verbrachte Zeit schränkten die Lust auf Lektüre und Zerstreuung drastisch ein. Als Garant für sofortige Befriedigung und als sozialer Marker war Sex zum Lebensmotto geworden. Ich ficke, also bin ich.

Marion Messina in der Übersetzung von Claudia Steinitz

Liebe, Chaos und Karriere: Das aufregende Leben eines Paris-Neulings

Marion Messina beleuchtet in ihrem Buch »Fehlstart« eindringlich und scharfsinnig das Leben einer jungen Frau und die innere Welt einer verlorenen Generation mit einem zornigen und gnadenlos ironischen Blick. Ihr Schreibstil wechselt dabei von komplett ohne wörtliche Rede auf den ersten zwei Dritteln bis zur fast ausschließlichen wörtlichen Rede im letzten Drittel.

Dass der Protagonistin das kleinbürgerliche Leben ihrer Eltern nicht gefällt wird schnell klar. Doch was sie will entblättert sich dann erst langsam. Die Spannung entwickelt sich dann aus dem, was sie tatsächlich erreicht. Und ihre Erfolge sind weit von dem entfernt, was sie sich erhofft hat. Ein interessanter Lebensweg, der für viele Menschen die Regel ist, von jungen Menschen in der heutigen Zeit aber komplett ignoriert und ausgeblendet wird.

Von Grenoble nach Paris: Die turbulente Suche nach dem Traumleben

Ein Gegenwartsroman, der schonungslos auf die Menschen von heute schaut, sie beschreibt und beim Lesen viele Erfahrungen der Leser bestätigen wird.

Rezension von:
© Detlef Knut, Düsseldorf 2024
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